SpicyDeluXXX am 11. Januar 2024
Außenansicht des ehemaligen Zwanglos III
Das Unheil hat sich bereits Anfang April 2023 angekündigt, als wir trotz bestätigter JOYCLUB-Anmeldung vor verschlossener Tür des Swingerclubs Zwanglos III in der Gneisenaustraße standen. Alles dunkel, niemand öffnete, keine Info – scheiße war das. Wir schrieben die Chefin per WhatsApp an und erfuhren, dass es behördliche Probleme gäbe und man sich um eine baldige Wiedereröffnung kümmere. Auf der Website des Clubs und an der Clubtür stand dann kurz darauf was von „vorübergehender Schließung aus betrieblichen Gründen“. Das zog sich dann das gesamte Jahr über, wir fanden es stets unglaubwürdig, denn sowas dauert gewiss nicht ewig. Uns „bösen“ Swingerbloggern gegenüber wollte man zu den Details dann aber lieber nichts sagen, obwohl wir diese durchaus für uns behalten hätten. Anfang 2024 merkten wir, dass das JOYCLUB-Profil und die Telefonnummer des Swingerclubs Zwanglos III gelöscht waren – ab diesem Moment war die Sache für uns klar: Das Zwanglos ist Geschichte.
Wir haben natürlich nachgehakt: Durch eine Quelle bei den Behörden erfuhren wir aktuell u.A. aus erster Hand, dass für die Schließung zumindest keine behördlichen Probleme oder Anordnungen einer Behörde verantwortlich gewesen seien, letztlich kam es jedoch zur Kündigung des Mietvertrages der Räumlichkeiten des Zwanglos.
Seitens des Clubs sieht man das anders hinsichtlich der Behördenprobleme, bestätigt jedoch die während der Schließung vom Vermieter ausgesprochene Kündigung des Mietvertrages – allein das ist ja bereits das Todesurteil. Demnächst -nach Umbau- wohnen nun also Menschen im ehemaligen Swingerclub und hören in ihren nächtlichen Träumen hoffentlich die vögelnden Geister von tausenden Clubbesuchern…
Update vom 13.01.2024:
Wir erfuhren heute, dass ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der Betreiberfirma bereits am 31.08.2023 beantragt und am 28.12.2023 eröffnet wurde (36z IN 5294/23)
Dieser sang- und klanglose Abgang des Clubs unter dem Deckmantel „betrieblicher Gründe“ war wirklich kein würdiges Ende für Berlins ältesten Swingerclub mit seiner Geschichte. Keine vernünftigen Infos an Gäste, ein ewiges Dahindümpeln/Hinhalten, immer wieder enttäuschte Leute die sich trotz Schließung noch bis November über JOYCLUB zu Partys in dem Club anmeldeten und dann überrascht vor verschlossener Tür standen, da die Info der Schließung nie bei Joyclub hinterlegt wurde.
Unser Nachruf auf den Club:
Wir persönlich finden die Schließung sehr schade, denn wir waren tatsächlich immer wieder mal gern dort. Wir haben die Betreiber, sowie das Personal echt gemocht und erlebten dort wahnsinnig abgefahrene aber auch sehr erotische Abende, von denen auch hier im Blog reichlich zu lesen ist. Den Club kannten wir rund 20 Jahre, anfangs wurden wir nicht so recht warm mit ihm, aber irgendwann war der Knoten geplatzt und wir besuchten ihn öfter. Und ja, der Club hatte etwas schmuddeliges, etwas verruchtes, war ein wenig altbacken und auch für sein illustres Publikum berüchtigt. Genau das war aber für uns auch der Reiz an dem Laden, er war wie eine Wundertüte. Leute mit Stock im Arsch trifft man in den anderen Swingerclubs leider zur Genüge, im Zwanglos war die Atmosphäre zwar einfach, manchmal etwas rustikal, aber dafür ehrlich. Es war ein Club, wo es nicht auf schicke Abendgarderobe oder ausgefallene Verkleidungen Outfits fürs Schaulaufen ankam, notfalls tat es bei Spontanbesuchern aber auch ein Handtuch um die Hüften – nicht sehr sexy, keine Frage. Halt ein „echter“ Swingerclub aus der „guten alten Zeit“ mit Schwarzlicht, Salzstangen und Teelichtern auf der Theke, dunklen Ecken und Gynstuhl. Auf Wunsch bekam man seinen Gin-Tonic sogar in einem Halbliterglas oder alkoholfreien Sekt. Die Anzahl der Paare und Frauen wurde potenziellen Besuchern auf Nachfrage vorab auch am Telefon durchgegeben, so dass man in etwa wusste, was einen erwartete – so einen Service gibts sonst nirgendwo und das war gerade bei den Solomännern sehr beliebt. Bis Corona kam, hatte der Laden tatsächlich 24 Stunden, 365 Tage im Jahr geöffnet. Einsame Herzen und völlig Hartgesottene konnten sogar an Heiligabend dem Partnertausch frönen. So etwas und die Lage mitten im Kiez zog natürlich auch Leute an, die in anderen Clubs eher nie zu sehen waren – ein einzigartiger Mix an erlebnishungrigen Menschen. Von den Gästen her war alles vertreten: Viel Schicksal, viele Paradiesvögel, Touristen-Laufkundschaft, Verirrte und Verwirrte, von 18 bis 85, manche sehr anstrengend, oft zu viele Typen aus dem arabischen Raum, dennoch aber trotzdem irgendwie familiär. Ein eigener Kosmos den man betrat und entweder für ein paar Stunden ein Teil davon wurde oder halt auch nicht und deswegen meist recht schnell wieder verschwand.
Wir persönlich waren nie auf die Stammgäste des Zwanglos aus, die haben uns nicht gereizt, waren uns meist zu „besonders“ und/oder auch nicht nach dem 20. Aufeinandertreffen plötzlich spannend. Stattdessen hatten wir unsere Erlebnisse auf den Spielwiesen des Clubs vorrangig mit den Eintagsfliegen/Touristen/Erstbesuchern, also mit Besuchern, die neugierig auf das waren, was sich hinter der mysteriösen Stahltür unter dem grell leuchtenden Schriftzug „Swinger-Club“ auf der Gneisenaustraße unweit der Partygegend Bergmann-Kiez verbarg. Daraus ergaben sich manchmal weitere Treffen, die auch dann durchaus mal woanders stattfanden.
Das Personal war beständig, stets aufmerksam, menschlich, herzlich, kümmerte sich im Bedarfsfall schon rührend um manch ein Opfer. Im Bedarfsfall ist der eine oder andere Spinner, der sich zu sehr daneben benahm und dann nicht freiwillig gehen wollte, aber auch recht zügig -notfalls noch in Unterwäsche- über die steile Außentreppe des Clubs entsorgt worden – auf direkte Berliner Art halt. Früher hatte der Swingerclub (ganz früher unter seinem alten Namen „Zwielicht“) insgesamt drei Standorte im Herzen Westberlins. Einmal Eintritt gezahlt, konnte man sich mit einer Stretch-Limousine im Bademantel von Club zu Club fahren lassen und es so gleich in drei Läden an einem Abend krachen lassen. Sowas war einmalig und genial vom Konzept. Stress mit Vermietern und Nachbarn (gewiss auch die wirtschaftliche Lage) führten dann dazu, dass irgendwann nur noch das Zwanglos III (also der dritte Club) übrigblieb.
Die „III“ blieb wie ein Mahnmal im Clubnamen stehen, wie als gäbe es vielleicht nochmal ein Zurück. Stattdessen bemerkten wir, wie aber auch in anderen Clubs, seit etwa 2014 eine langsame, aber sehr schlechte Veränderung der Gästeanzahl und -Struktur. Ein schleichender Tod, der zwar auch vom Personal beobachtet und bestätigt wurde, dem man offenbar aber auch irgendwie hilflos gegenüberstand. Die netten Begegnungen mit coolen, für uns sexuell attraktiven Menschen im Club nahmen mehr und mehr ab, es kamen kaum noch neue oder normale Leute, dafür hockte man häufig nur mit wenigen, oft etwas eigenartigen Stammgästen herum. Seitens der Betreiber wurden in den Jahren des Abstiegs keine Maßnahmen ergriffen, um das Ruder noch herumzureißen und neuen Wind in den Laden zu bringen – ob nun aus Hilflosigkeit, Gleichgültigkeit oder einfach fehlender Liquidität.
Corona hatten sie dann zum Glück halbwegs überstanden, öffneten irgendwann wieder unter Auflagen und eingeschränkten Öffnungszeiten – die Gäste fanden aber nicht mehr so recht in den Club und die Langeweile kehrte endgültig ein. Dann machte noch der Mieter direkt über dem Club Stress, störte sich an Zigarettenrauch, Saunadüften und Geräuschen, die ihn angeblich in seinen Räumen störten. Halt einer der typischen, zugezogenen Dorftrottel, die bewusst über einen Swingerclub (der mit fetter Leuchtreklame direkt unter seinem Fenster auf sich aufmerksam macht) mitten in die Stadt ziehen und dann die Miete drücken wollen. Das endete darin, dass die Raucher vor die Tür mussten, auch das führte zu noch mehr Besucherschwund, denn auf der Gneisenaustraße wie auf dem Präsentierteller im Bademantel oder Slip stehen, macht kaum einem Spaß. Wir hielten dem Laden bis zum Ende die Treue, merkten aber immer mehr, dass es mächtig bergab geht und nie wieder, wie zu den „goldenen Zeiten“ wird. Und dann kamen sie auch schon, die betrieblichen Gründe…
DANKE, dass es Euch gab! Was uns an Swingerclubs in Berlin (lediglich Avarus und Zwiespalt) geblieben ist, wird die entstandene Lücke nicht schließen können. Schon gar nicht vom Entertainment-Faktor her, der war im Zwanglos nämlich legendär.
âž¡ Mal die Swingerclubs im Stadtgebiet von Berlin, die in den letzten 20 Jahren verschwunden sind:
Sauna-Bar 2000 (unser erster Swingerclub), Adventure, Legeres, Fabriklounge, Villa Mondän, Scorpions-Club, Youneed, Spürbar, Hypnos (vorher Orpheus), Zügellos (vorher Triebwerk), Zwanglos I, II und nun III
Eine Schande, was diese angebliche Sexy-Hauptstadt nun noch an Auswahl an Swingerclubs zu bieten hat! Ein Witz im Vergleich zu anderen Ecken in Deutschland…